Dass die Kundenloyalität abnimmt, ist eine bekannte Tatsache. Kunden sind heute viel schneller dazu bereit, einen Anbieter zu wechseln und eine langjährige Geschäftsbeziehung zu beenden, als in früheren Jahren. Die Zahlen, die das Meinungsforschungsunternehmen Statista dazu liefert, sprechen für sich: In manchen Bereichen verlieren Unternehmen durchschnittlich bis zu 25 Prozent ihrer Kunden pro Jahr. Sogar in Branchen, die traditionell von langen Beziehungen geprägt sind und bei denen ein Anbieterwechsel mit Aufwand verbunden ist, geht eine überraschend hohe Zahl von Kunden verloren. So wechselten in den vergangenen 12 Monaten rund 15 Prozent der Firmenkunden ihre Hausbank. Kennst du die Zahlen für dein Unternehmen? Wie viele deiner Kunden, die mindestens einmal bei dir gekauft haben, verlierst du pro Jahr? Und wie entwickelt sich diese Abwanderungsquote? Wie wichtig diese Kennzahlen zur Abwanderung und Kundenbindung sind, zeigt eine Berechnung der Unternehmensberatung Bain & Company: Danach kann eine Verbesserung der Kundenbindung um nur 5 Prozent den Gewinn um mehr als 25 Prozent steigern. Es gibt also Grund genug, sich verstärkt mit der Abwanderung, Kündigung und drohenden Kundenverlusten zu beschäftigen. Und vor allem: eine Strategie zu finden, mit der du deine Kundenverluste minimieren kannst. Die folgenden Seiten liefern dazu einen einfachen Ansatz, mit dem du rechtzeitig handeln kannst – bevor Kunden abwandern.
Ein einfaches System, mit dem du rechtzeitig handeln kannst
Kundenverluste wird es immer geben. Gefährlich sind sie dann, wenn die Zahl der Verluste (unbemerkt) steigt und Strategien zur Kundenbindung zu spät ergriffen werden. Diese Gefahr bannst du mit zwei Maßnahmen: Behalte die Zahlen im Auge und klassifiziere die Verluste, um früh die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.
Maßnahme 1: Ermittle deine Verlustquote. Kunden zu verlieren, ist in den meisten Fällen unangenehm und schmerzhaft. Deshalb wird die Abwanderungs- oder Kündigungsquote in vielen Unternehmen nicht konsequent erhoben und verfolgt. Doch genau das ist Voraussetzung, um mögliche Gefahren zu erkennen und Potenziale zu nutzen, die eine bessere Kundenhaltbarkeit erschließen. Ermittle also deine Abwanderungsquote: Das ist der Prozentsatz deiner Kunden, die während eines bestimmten Zeitraums die Produkte oder Dienstleistungen deines Unternehmens nicht mehr gekauft oder die aktiv gekündigt haben. Wenn du deine Quote noch nicht ermittelt hast, versuche, diese Zahlen auch für die vergangenen Jahre zu rekonstruieren, um den aktuellen Trend und Entwicklungen zu erkennen. Nur wenn du diese Quote kennst, kannst du dir messbare Ziele für eine Verbesserung setzen und den Erfolg deiner Maßnahmen überprüfen.
Matrix zur Klassifizierung von Kundenverlusten, Maßnahme 2: Klassifiziere deine Kundenverluste. Wer die Zahlen kennt, weiß noch nicht, welche Maßnahmen die richtigen sind, um die Zahl der Kundenverluste zu verringern und mehr Kunden zum Bleiben zu bewegen. Um die individuell richtigen Maßnahmen zu finden, hat der US-Autor und Experte für Kundenbindung Lincoln Murphy eine Matrix entwickelt, in die jeder verlorene Kunde eingeordnet wird. Die Idee dahinter: Mit dieser Matrix kann herausgefunden werden, wo die Schwächen im eigenen Unternehmen und der eigenen Kundenbetreuung liegen, die zu den Kundenverlusten führen, und wo du Potenziale hast, um Kunden länger zu halten.
Zunächst unterscheide dabei, ob ein Kundenverlust vermeidbar oder unvermeidbar war und ob er erwartet oder unerwartet gekommen ist: Vermeidbar: Der Kunde hatte Potenzial und hat zu dir gepasst. Unvermeidbar: Der Kunde hat nicht zu dir gepasst. Oder: Der Betrieb wurde stillgelegt oder übernommen. Erwartet: Du hast vorher Anzeichen gesehen, dass du den Kunden verlieren könntest. Unerwartet: Du hattest keine Anzeichen für den drohenden Kundenverlust.
Nun kann jeder Verlust einer der vier Kategorien aus der Matrix zugeordnet werden. Wenn du auch diese Zuordnung rückwirkend für deine Kundenverluste der vergangenen 12 Monate machst, treten die Ursachen hervor und die Auswahl der richtigen Maßnahmen fällt leichter.
Das sind die vier möglichen Fälle: Erwartet & unvermeidbar Das ist auf den ersten Blick der „harmlose“ Fall: Du hast Anzeichen gesehen, dass der Kunde verloren gehen könnte. Die Sache war auch nicht vermeidbar – beispielsweise, weil der Kunde den Betrieb einstellt oder weil sich gezeigt hat, dass dein Angebot einfach nicht zu ihm passt. Häufen sich allerdings die Fälle in dieser Kategorie, ist die Frage:
Gewinnst du die richtigen Kunden? Mögliche Maßnahme ist in diesem Fall zum Beispiel eine bessere Qualifizierung schon bei der Kundenakquise.
Hier ist etwas schiefgelaufen:
Dein Frühwarnsystem hat zwar funktioniert. Denn es gab Anzeichen dafür, dass ein Kunde, der gut zu dir passt und Potenzial hat, zur Konkurrenz geht. Aber es wurde nicht oder nicht ausreichend gehandelt. Mögliche Maßnahmen deshalb zum Beispiel: Schaffe ein System, in dem der Kontakt zum Kunden rechtzeitig und sicher intensiviert wird, sobald es erste Anzeichen für eine mögliche Abwanderung des Kunden gibt.
Unerwartet & unvermeidbar Gehören
Kundenverluste in diese Kategorie, ist das ein klares Zeichen, dass du zu wenig über den Kunden, seine Situation oder seine Branche gewusst hast.
Etwas Unbekanntes hat zum Verlust des Kunden geführt, aber du wusstest nichts davon. Mögliche Maßnahmen, zum Beispiel: Überprüfe, wie der Kontakt in deinem Verkaufsprozess und in der Betreuung läuft. Welche Informationen hast du nicht bekommen? Welche Fragen kannst du in Zukunft stellen? Wie kannst du dich besser über die Branche informieren? Das ist der schlimmste Fall.