Viele Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte waren das persönliche Gespräch zwischen Kunde und Verkäufer das Herzstück des Verkaufs. Angefeuert durch die Pandemiemaßnahmen hat in den vergangenen Jahren die Digitalisierung mit Hochgeschwindigkeit Einzug gehalten: Verkaufsgespräche und Präsentationen finden per Video statt, Einkäufe laufen über den Onlineshop, Funnels werden automatisiert, E-Mails von ChatGPT geschrieben …
Verkäufer sind bald überflüssig?
Welchen Platz haben da noch Emotionen im Verkauf? Bist du der Meinung, dass Verkäufer, die Beziehungen zu Kunden aufbauen und Vertrauen schaffen, möglicherweise bald überflüssig sind, weil Verkauf und Einkauf automatisch ablaufen?
Überall dort, wo du keine großen Gedanken über den Kauf machen musst, wird der direkte persönliche Kontakt und damit der Verkäufer immer unwichtiger. Ein paar Arbeitsschuhe, Büromaterial, Toner für den Drucker lassen sich mit einem Klick vom Homeoffice aus bestellen. Oder der Einkaufsprozess für solche Waren wird gleich ganz automatisiert.
Unnötig werden Verkäufer auch dort, wo du schon zu 100 Prozent sicher bist, was du haben willst. Apple benötigt niemanden mehr, um seine iPhones an den Kunden zu bringen. Hier reicht die möglichst schnelle 1-Klick-Einkaufsmöglichkeit, weil die Kunden hoch motiviert sind und schon Vertrauen in das Produkt haben.
Aber dann gibt es den riesigen Bereich, in dem die Entscheidungen nicht so einfach sind:
Wenn du im B2B-Bereich eine neue Software anschaffst, die alle Abläufe betrifft, wenn du in eine neue Maschine oder ein neues Produktionsverfahren investierst. Wenn du bisher nicht sicher bist, ob du ein neues Produkt benötigst oder lieber beim altbewährten bleibst … in all diesen Situationen ist die Kaufentscheidung für dich mit Unsicherheiten verbunden und damit hochemotional. Dann kommt der persönliche Kontakt zu einem vertrauenswürdigen Verkäufer ins Spiel – und wird damit wichtiger denn je.
Das heißt:
Wenn du ein komplexes Produkt oder eine Dienstleistung mit einem langen Kaufentscheidungsprozess verkaufst, reichen digitale Verbindungen nicht aus. Der Verkäufer im direkten Kundenkontakt kann ein unschätzbarer Wettbewerbsvorteil sein. Er kann deine Emotionen ansprechen, deine Wissenslücken erkennen, die verborgenen Bedürfnisse aufdecken und so das Angebot gestalten.
Zwei interessante Beispiele dazu hat das von der Harvard University herausgegebene Magazin „Harvard Business Review“ in einem Artikel zum Thema geliefert:
Der Google Cloud Service (GCS) hatte 2019 nur rund ein Zehntel der Größe seiner führenden Konkurrenten Amazon und Microsoft trotz großer Vermarktungsanstrengungen auf den digitalen Kanälen. Der Durchbruch kam erst, als Google die Zahl seiner Vertriebsmitarbeiter im persönlichen Verkauf auf einen Schlag verdreifachte. Die Folge: Der GCS-Umsatz stieg in der Folgezeit mit durchschnittlich 45 Prozent pro Jahr rund doppelt so schnell wie der Gesamtmarkt.
Pharmaunternehmen machen ihre Produkte klassischerweise über Pharmareferenten bei den Abnehmern im Gesundheitswesen bekannt. Als während der Pandemiemaßnahmen Neueinführungen nur noch virtuell möglich waren, funktionierte das in erster Linie bei neuen Behandlungsmöglichkeiten für schwere Krankheiten, weil es hier von vornherein ein großes Interesse von hoch motivierten Abnehmern gab. Aber neue Produkte, die kein hohes Unterscheidungsmerkmal hatten, ließen sich virtuell viel schwieriger einführen als im persönlichen Kontakt. Beispiele wie diese zeigen, wie wichtig Beziehungsaufbau, Emotionen und Vertrauen sind.
Fazit für dich
Setze im Kundenkontakt und in der Arbeitsorganisation nicht allein auf die viel beschworene Digitalisierung.
Durch persönliche Treffen mit deinem Kunden bekommst du Einblicke, die im virtuellen Kontakt und auf digitalen Kanälen so nicht oder nur stark gefiltert möglich sind.
Du zeigst deinen Gesprächspartnern, dass sie dir wichtig sind und du selbst Zeit in das Thema investierst. Das stärkt das Vertrauen und fördert den Beziehungsaufbau.
Natürlich muss nicht jeder Kontakt persönlich sein. Nutze die Vorzüge der Technik zum Beispiel, um unnötige Reisen und Zeit einzusparen oder um deine Kunden auf unterschiedlichen Kanälen zu erreichen. Wenn du aber durch persönlichen Kontakt ein Grundvertrauen geschaffen hast, funktionieren diese digitalen Kanäle umso besser.
Finde die richtige Mischung aus persönlichem sowie virtuellem Verkauf und digitaler Ansprache.
Extra-Service
In einer Checkliste für den Beziehungsaufbau habe ich dir fünf Strategien zusammengestellt, mit denen du das Vertrauen deiner Kunden gewinnen kannst.